MARTIN WILLING

BEWEGTE KUNST

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Durch Berühren und Anstoß in Bewegung gebracht, erwachen die Plastiken von Martin Willing zum Leben.

Schwingung, langsames Auf und Ab.

Zu heftige Bewegung, zu heftiger Anstoß lassen die vorgespannten Federstähle, das Metall, das sich in labilem Gleichgewicht zwischen Materialspannung, Erstreckung und Erdanziehung befindet, plötzlich zurückschnellen. Dann wird die Vorspannung sichtbar, die langes waagerechtes In-den-Raum-sich-strecken oder weites diagonales Aufstreben eines dünnen Metallbandes oder -stabes erst möglich macht.

Reale Bewegung in der Plastik, kinetische Plastik sind uns in diesem Jahrhundert seit langem bekannt. Berühmt ist die um die eigene Achse sich drehende Stahlfeder von Naum Gabo von 1920. Dann kamen Calders Mobiles. In den sechziger Jahren schließlich wurden diejenigen, die bewegte Plastiken machten, selbst zu einer Bewegung.

Was kann man heute mit kinetischer Plastik, mit wirklicher Bewegung noch machen, was nicht gemacht, was zeigen, was noch nicht gezeigt worden ist?

Charakteristisch für die Plastiken von Martin Willing ist die, relativ zu ihrer Größe, äußerst langsame Schwingung, die sie vollziehen. Möglich macht dies die beschriebene Technik des Vorspannens des verwendeten Materials. Nun ist die Langsamkeit der Bewegung einer kinetischen Plastik noch kein Qualitätsmerkmal. Sie ist nicht einmal neu. Auch die Plastiken von George Rickey z. B. bewegen sich langsam, um der Technik Poesie zu geben, so wie Menschen sich langsam bewegen, um sich Würde zu verschaffen.

Bei den Arbeiten von Martin Willing sind es die Langsamkeit der Bewegungen und die verhältnismäßige Kleinheit der Plastiken, die sich zu e i n e r Wirkung vereinigen: zur Suggestion, dass sich die Bewegung weit entfernt und in riesigen Räumen abspielt.

Ich beschreibe exemplarisch eine Arbeit: Das Material ist ausgeformt bis an die Grenze seiner Belastbarkeit. So sucht die Plastik die Bewegung ermöglichende Leere. Wir sehen die auf- und niederschwingenden Enden waagerechter metallener Bänder den Raum abtasten. Sie kratzen an ihm, streichen auf einer imaginären Fläche auf und ab, Sehnsucht nach Hineingreifen in den Raum begrenzt durch die Längenstarre. Zurück ist nur möglich durch die völlige Änderung der Form. Bewegung und Erreichen von Orten sind nur möglich innerhalb eines begrenzten Spielraumes nach oben und unten.

Spiel von Bewegung, Kräften, Erstreckung und dem Bewegung erlaubenden Raum. Zusammenwirken von Größe, Form und Geschwindigkeit. Vorgänge im Raum, die die gewohnten Dimensionen anders zeigen. Zwei Meter werden eine Welt. Das habe ich in kinetischer Plastik bisher noch nicht gesehen.

Paul Isenrath